af Tycho Brahe (1596)   Redaktion: J.L.E. Dreyer (1919)  
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|DEM VESTEN VNSERM LIEBEN BESONDERN TYCHONI BRAHE, HERRN ZU KNUDSTRUP.
WILHELM VON GOTTES GNADEN LANDTGRAUE ZU HESSEN/ GRAUE ZU CATZENELNBOGEN/ DIETZ/ ZIEGENHAIN VND NIDDA/ ETC.

UNSERN gnedigen gruß zuuor/ Vester lieber besonder. Wir haben ewer schreiben de Dato den 18. Ianuaris beneben den Obseruationibus entpfangen. Das jhr vns nun dieselbigen auff vnser begeren so gutwillig zugeschickt/ Dessen thun wir vns jegen euch gnediglichen bedancken. Mögen euch aber nicht verhalten/ das wir dazumahl mit andern geschefften beladen/ vnd an andere örter verreyset gewesen/ dardurch wir euch zu antworten/ verhindert worden. So baldt wir aber wieder anhero gelangt/ haben wir ewere Obseruationes mit den vnsern Conferirt, vnd mit sonderlicher verwunderung befunden/ das sie in distantijs et Declinationibus, etiam in partibus Minuti mit einander vbereinstimmen/ welches zuuor niemals ist erhört worden. Das sie aber in Longitudinibus auff fünff Minuten von einander discrepirn, nimpt vns nicht wunder/ sintemahl vns wol bewust/ das weder Hipparchus, Ptolemæus, noch alle andere hiebeuor vera Stellarum loca auff 5. Minuten jemals gewust/ noch propter |Armillarum paruitatem haben wissen können. Denn man in den Armillis kaum 10. Minuten hat können mercken/ wie das aus den Obseruationibus Stellarum Fixarum augenscheinlich/ geschwiegen was sonsten propter Circulorum hinc inde distractionem in obseruando hat mangeln können/ hann die Circuli in solcher Connexion im tractiren sich baldt geben. Von vnsern Obseruationibus können wir noch zur zeit nicht schreitten/ dann sie vnser Mathematicus, etiam correcto Quadrantis perpendiculo vielfeltig/ nicht allein per Horologium, sondern auch im verschienen Ianuario etzliche mahl Venerem, die er gleichsfals wie jhr/ bey tagk/ beneben der Sonnen obseruirt, iust befunden. Jedoch haben wir vnsern Mathematicum hierumb ernstlich bespracht/ da hat er vns nicht können verhalten/ wie er dazumahl per Venerem befunden/ das ewer Motus Solis, den jhr vns in ewerer Ephemeride zugeschickt/ circa octauum gradum ♒, vmb etzliche Minuten zu langsam/ denn er in fine Ianuaris, auch durch vnsern Quadranten locum Solis, nicht anders gefunden/ jhn auch nicht anders angenommen/ dann wie er in ewer Ephemeride (welche er auch auff dieses Jahr iusto modo hat extendiret) stehet: Nichts desto weiniger hat doch Venus keinen andern Locum Stellarum Fixarum geben wollen: Vermeinet/ jhr tribuiret den Refractionibus etwas zuuiel. Auch vermeint er/ alldieweil jhr |das tempus per Armillas Æquatorias indagirt, vnd aber die Refractio Solis in Circulo Verticali, vnd nicht secundum Longitudinem Eclipticæ geschicht/ könne es leicht sein/ das jhr das tempus etwas zu kurtz angenommen/ welches nicht geschehen könne/ so man das tempus per Azimutha Solis indagire. Jedoch weil jhr es per Venerem circa Æquinoctium autumnale des Morgens probiret, hat er nicht eigentlich können wissen/ wo an es mangele. Wie nun dem/ so wissen wir nicht von vnsern Obseruationibus, die wir nicht minder mit höchstem fleiss/ als jhr die ewerigen angestellet/ abzutretten. Vnd dieweil wir nun viel Jahr her mit den Obseruationibus vmbgangen/ vnd auch durch vns die Astronomiam gern beforderten/ Ais haben wir vnserm Mathematico/ gnedigklich befohlen/ die Obseruationes aber zu calculiren, vnd beneben den Demonstrationibus et modis obseruandi zu publiciren, damit jederman vnsern fleiss/ vnd arbeit sehen möchte/ wie er dann schon in die 200. Stellas calculiret, vnd noch mehr as 200. zu calculiren hat. Soll aber doch von dieser nichtigen vnnd geringen discrepantz, zwischen den vnsern vnnd ewerigen/ keine anmeldung thun/ auch die ewerigen nicht spargiren. Was jhr vns aber sonsten communiciret, wirdt er wol pro dignitate zu rühmen/ vnnd euch cum honorifica nominis mentione zu restituiren wissen. Also werdet jhr als dann desto besser vnd fleissiger in vnsere Obseruationes können |inquiriren, wirdt auch die sache bey andern desto ehe glauben finden/ alldieweil ein jeder bey seinen Obseruationibus bleibt/ vnd nicht in gratiam alterius etwas mutiret. Wir seindt auch nach vollendung des wercks/ inwillens/ vnsere Instrumenta auff eine andere art von newen anstellen zu lassen/ vnd da wir als dann befinden werden/ das wir auff die 5. Minuten gejrret/ wollen wir vns gern selbst corrigiren, Wiewol disse discrepantz baldt nicht werth ist/ das man so viel wesens drumb mache/ kan auch von denen/ so sich in Obseruationibus geübt/ nicht gros geachtet werden. Das haben wir euch auff ewer schreiben nicht verhalten wöllen/ vnd so etwas weiters darinnen sein wirdt/ darauff soll euch vnser Mathematicus beantworten. Vnd seindt euch mit gnedigem gutem willen jeder zeit gantz wol gewogen.

WILHELM LANDTGRAFF ZU HESSEN.